Im Mai, wenn die ersten Badeurlauber anrücken, sollen Mallorcas
Strände wieder das gewohnte Bild abgeben: Um die Tourismusindustrie
auf der Insel nicht zu gefähren, will das spanische
Umweltministerium bis dahin einige Strände künstlich aufschütten
lassen, die bei den Unwettern vor drei Wochen stark verwüstet
worden waren.
Während die Hoteliers und Unternehmerverbände der Insel
ebenfalls für ein schnelles Eingreifen plädieren, mahnt die
Balearenregierung, die in dieser Frage allerdings keine Kompetenz
hat, zur Besonnenheit: Nach Gesprächen mit Wissenschaftlern der
Universitäten Palma und Barcelona sagte Onófre Rullán,
Staatssekretär des für die Küste zuständigen balearische
Ministeriums: „Wir sind für eine natürliche Genesung der Strände
und für unterstützende Maßnahmen, wo es nötig ist, aber gegen eine
künstliche Aufschüttung.”
Rullán forderte am Mittwoch die Schaffung eines Gremiums mit
Vertretern aus Madrid und Palma, um für jeden Strand einzeln
Lösungen zu suchen. Dies ist auch nach Ansicht von Dr. Jaume
Servera Nicolau vom Geologischen Institut der Balearenuniversität
notwendig. Der Wissenschaftler, der schon seit Jahren die
balearischen Strände erforscht und an Alternativen zur künstlichen
Sandaufschüttung arbeitet, warnt vor „Verallgemeinerungen” und
Schnellschüssen. „Jeder Strand ist anders beschaffen. Manche Playas
haben sich bereits zwei Wochen nach dem Sturm aus eigener Kraft
beträchtlich verändert.”
Ein Strand, der sich auf natürliche Weise erholen kann, sei
widerstandsfähiger als ein künstlicher: Das habe man bei diesem
Sturm sehr gut beobachten können. Schon seit vielen Jahren kämpft
Servera für den Einsatz von umweltverträglichen Methoden zur
Strandsanierung. Eine Möglichkeit – in Calvià wird sie praktiziert
– ist die Installation von Windfängen und Stegen sowie die
Belassung von Algen-Resten an der Wassergrenze. Eine weitere
Methode, die in anderen Mittelmeerländern erprobt worden sei, sind
Drainage-Systeme. Dabei wird ein Teil des Meerwassers an der Küste
zum Versickern gebracht, was auch den Rückfluss von Sedimenten ins
Meer verhindert.
Problem: Eine schnelle Lösung sind diese Methoden nicht.
Servera: „Man darf keine Wunder erwarten. Aber meiner Meinung nach
sollte man ein, zwei Monate warten, um abschätzen zu können, welche
Maßnahmen die richtigen sind.” In Einzelfällen könne er sich die
Zugabe von kleinen Sandmengen vorstellen: „Aber man sollte sich
davor hüten, die Playas bei künstlichen Aufschüttungen wie
gewöhnlich zu verbreitern. Das kann kontraproduktive Folgen
haben.”
Das dem früheren balearischen Ministerpräsidenten Jaume Matas
(PP) unterstellte spanische Umweltministerium hat bereits 400
Millionen Pesetas (4'7 Millionen Mark) bereitgestellt, um mit der
Reparation von Hafenpromenaden und Strandaufschüttungen im Norden
Mallorcas beginnen zu können. Insgesamt rechnet man mit Kosten von
2'2 Milliarden Pesetas (25 Millionen Mark).
Vor dem Sommer soll auch ein weiteres Problem beseitigt werden:
Die mallorquinischen Sägewerke haben sich verpflichtet, bis dahin
das komplette Sturmholz beseitigt zu haben. „Sonst wird Mallorca
zum Pulverfass”, hatte Inselratspräsidentin Antònia Maria Munar
angesichts drohender Waldbrände gewarnt.
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