Sie sind sehr mobil, und ihre genaue Zahl kennt niemand. Klar
ist immerhin, dass der Bevölkerungsanteil der Nicht-Spanier auf den
Balearen in den vergangenen Jahren spektakulär angewachsen ist. Den
größten Überblick über die in den Einwohnermeldeämtern
registrierten Neubürger aus Europa und dem Rest der Welt sowie
denen, die ihren Aufenthalt noch nicht legalisiert haben, dürfte
Pere Salvà, Professor für Humangeografie an der
Balearenuniversität, haben. Lag die Zahl der Ausländer, die fest
oder teilweise auf den Inseln leben, 1999 noch bei rund 75.000, so
schätzte er sie vor rund einem Jahr auf 120.000. Mittlerweile
sollen sich nach seinen Worten über 160.000 Ausländer mehr oder
weniger fest auf den Balearen etabliert haben.
Nur etwa die Hälfte dieser Menschen – 82.246 – sind nach Zahlen
vom Juni 2001 in den Städten und Gemeinden gemeldet. Rund 80.000
Menschen halten sich entweder illegal im Land auf, warten auf
Bearbeitung eines Antrags zur Aufenthaltsgenehmigung oder sind gar
nicht an einer „Residencia” oder Arbeitserlaubnis interessiert. Zu
Letzteren gehören laut Pere Salvà rund 55.000 Menschen aus
EU-Staaten. Für den Forscher sind sie „Saison-Residenten”. Viele
sind (auch deutsche) Rentner mit Immobilienbesitz, die keine
Arbeitsgenehmigung benötigen.
Rund 20.000 Menschen aus Nicht-EU-Staaten haben nach
Informationen des Professors Anträge gestellt, um ihren Aufenthalt
dauerhaft zu legalisieren. „Es kann sein, dass sich diese Zahlen
seit Juni erheblich verändert haben”, so Salvà. Denn vom 20. Juni
bis zum 31. Juli dieses Jahres setzte die spanische Regierung eine
zeitlich befristete Ausnahme-Regelung in Kraft, die die
Einwanderung erleichterte. Etwa 6000 Anträge sollen in diesem
Zeitraum in Palma gestellt worden sein. Die balearische
Sozialmisterin Fernanda Caro sprach Anfang August von 10.000 bis
12.000 Immigranten, die dabei nicht zum Zuge kamen.
Nach den Europäern machen die Südamerikaner den zweitgrößten
Ausländeranteil auf den Balearen aus: Pere Salvà geht von 21.000
Einwanderern aus diesem Erdteil aus, wobei nur 6000 eine Residencia
besäßen. Ihr Anteil sei seit Anfang des Jahres, als man noch von
16.000 Lateinamerikanern auf den Balearen ausging, erheblich
gewachsen.
Stellten die Argentinier bislang einen wichtigen Anteil, so
würden sie heute von Kolumbianern und Equadorianern fast schon
überflügelt. Aus diesen Ländern seien im Laufe dieses Jahres sieben
beziehungsweise elf Mal so viele Immigranten auf die Inseln
geströmt wie zuvor. Genauso wie bei den Europäern sind bei den
Südamerikanern die Frauen in der Mehrzahl. Salvà erklärt das zum
einen mit einer höheren Lebenserwartung für Frauen, was sich im
Falle der europäischen Ruhestands-Residenten niederschlage. Zum
anderen habe im Tourismus eine Feminisierung der Serviceberufe (in
Reisebüros, Hotels, usw.) stattgefunden.
Von den 12.000 Menschen aus Nordafrika, vor allem Marokkaner,
sei die Hälfte „irregulär”. „Die Einwanderer aus Afrika – zu 75
Prozent Männer – sind innerhalb Spaniens sehr mobil”, hat Pere
Salvà beobachtet. Einmal im Land, können sie sich relativ frei
bewegen. Sind die Marokkaner vor allem in der Landwirtschaft und im
Bausektor beschäftigt, so bevorzugen die Senegalesen oft
Tätigkeiten als Kellner und fliegende Händler.
Auch wenn die Bootsflüchtlinge in den Medien den größten Raum
einnehmen, die größere Zahl der Immigranten reise mit einem
Touristenvisum ein. Die meisten haben laut Pere Salvà vor, nach
einer gewissen Zeit wieder ins Heimatland zurückzukehren.
Wie sich die Terroranschläge und der internationale Konflikt auf
die Ausund Einwanderungsbewegungen auswirken werden, ist laut dem
Migrationsexperten noch nicht absehbar. In den vergangenen Wochen
habe man einen Rückgang beim Zuzug aus arabischen Ländern
verzeichnet. Angst vor Repressionen und Rassismus könnten dabei
eine Rolle spielen, aber auch die Lähmung, die das Warten auf einen
militärischen Schlag bewirken könne.
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