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Es dauert einige Sekunden, bis wir begreifen. Da ist wirklich soeben ein Flugzeug ins World Trade Center gerast.

Zuerst ungläubig, dann schockiert betrachtet unsere Redaktion am Dienstagnachmittag im Fernsehen die Attentatsserie in den USA. Wir Journalisten gehen nicht selten kaltschnäuzig, ja zynisch mit Katastrophenmeldungen um. Das hier ist anders. Stille macht sich breit. Und Angst. Angst davor, was sich aus dem, was da gerade über den Bildschirm flimmert, ergeben könnte. Ich persönlich hatte dieses Gefühl schon einmal: 1991, zu Beginn des Golfkrieges.

An konzentriertes Arbeiten ist am Dienstag nicht mehr zu denken. Die menschlichen Tragödien, die sich vor unseren Augen gerade abspielen, lassen alles andere plötzlich so belanglos erscheinen.

Und wir fragen uns nun auch, ob diese Ausgabe überhaupt Sinn macht. Viele Seiten mit Fiestas und Mode, mit Fußball und Wandern sind schon fertig. Sie erscheinen, ein kompletter Umbau der Zeitung ist allein aus technischen Gründen nicht mehr möglich. Und es gab in den vergangenen Tagen ja tatsächlich auch noch etwas anderes als dieses alles überschattende Ereignis. Das sind die vielen Widersprüche im täglichen Leben dieser Woche. Die Einschulung des Kleinen bleibt für den Einzelnen wichtig, der Geburtstag, der Termin mit dem Steuerberater, etc, etc. Anders ausgedrückt: Das Leben geht weiter.

Aber das Szenario in den USA – vor allem in New York – begleitet viele durch den Tag. Wer unterwegs ist, sucht möglichst bald wieder ein TV-Gerät, um auf dem Laufenden zu bleiben, das Zeitungsfoto von den Menschen im freien Fall kann ich auch nach dem 20. Anblick nicht überblättern, nicht verdrängen. Und den Kollegen fällt es schwer, angesichts des Unfassbaren die Verkehrsprobleme in Palma oder den Erfolg der Deutschen Schule auf Mallorca zu kommentieren. Deshalb finden Sie diesmal auch eine gänzlich andere Meinungsseite vor.

Auf Mallorca beziehungsweise in Spanien scheint die Betroffenheit ansonsten aber nicht so ausgeprägt wie in Deutschland. Kaum eine Veranstaltung wird abgesagt, die Fernsehsender zeigen schon am Tag zwo nach der Katastrophe das übliche Vorabendprogramm mit Stierkampf und Daily Soap. Ist das ein Ausdruck von Gleichgültigkeit? Nein. Wir Deutschen haben ein besonderes Verhältnis zu den USA, und wir reagieren vielleicht auch politischer, sicherlich aber politisch korrekter.

Doch ich weiß eines gewiss: Das Mitleid der Mallorquiner mit den Betroffenen in den Staaten und die Abscheu vor diesen Taten ist nicht geringer. Auch die Angst vor einer Eskalation nicht.