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Eine kleine weiße Zehe trennt die Menschheit in zwei Hälften. Knoblauch schafft klare Grenzen.
Während die einen den Besuch in einem Fischrestaurant davon abhängig machen, ob es dort Aioli, jene knoblauchgetränkte Mayonnaise, gibt, von der sie dann genüsslich größere Mengen verzehren, meiden die anderen Kneipen, in denen sie nur vermuten, dass der Koch jene kleine Zehe zur Anwendung bringen könnte.

Während die einen längst durch jahrelange Kennerschaft zwischen den kleinen harten Knollen aus der Provence und den weitaus größeren spanischen unterscheiden können, während es eingefleischte Fans gibt, die auf dem Balkon statt der üblichen Petunien oder Geranien Knoblauchzwiebeln ziehen, sind andere kaum bereit anzuerkennen, dass die Knolle, in Pillenform außerdem absolut geruchsfrei, gesundheitlichen Wert hat.

Sonst einander in Liebe zugatane Ehepartner werden giftig, morgendlich schlaftrunkene Bürger werfen im Bus böse Blicke ums sich, um ausfindig zu machen, wer am Vorabend seiner Knoblauchleidenschaft gefrönt hat.

Die traute Runde am Tisch kann empfindlich gestört werden, wenn einer beim Knoblauch nicht mitzieht, oder – schlimmer – wenn nur einer auf Knoblauch schwört.

Das passiert hin und wieder, wenn ich mit Freunden zum Essen gehe. Letztens, in einer Runde mit deutschen Besuchern, wurde das Thema Knoblauch zunächst totgeschwiegen. Dann sprach sich die Mehrheit dagegen aus. Ich versprach, dass kein Knoblauch verwendet würde – und zwinkerte dem Kellner zu.

Man servierte, meine Freunde lobten die Gerichte, aßen mit großem Vergnügen. Auch die, die sich als absolute Knoblauchgegner hervorgetan hatten. Zum Schluss wollte einer von ihnen einen Löffel von meiner Soße probieren – und war begeistert. „Das muss ich mir das nächste Mal auch bestellen.” Gott sei Dank, er hatte kein Krümelchen Knoblauch bemerkt. Und kann somit weiterhin seine Vorurteile pflegen.