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Ich kenne alle Diäten. Seit sich mein Körper weiblich verformte, verschlinge ich jegliche Art von Literatur, die mir gleichzeitig mit den Fastenkuren die richtige Anleitung zu mehr Selbstakzeptanz liefert. Für deutsche Verhältnisse bin ich zu rund, finde ich.

Auf Mallorca werde ich glücklich. Die Mallorquiner haben ein anderes Schönheitsideal, da war ich mir ganz sicher. Dort würden sich rassige Südeuropäer nach meinem Vollblut-Körper verzehren. Ich versprach mir, unter der südlichen Sonne aufzublühen wie eine Mandelblüte.

Sämtliche Selbstzweifel sollten in Deutschland zurückbleiben. Ich sah mich mit sonnengebräunter Haut, einem seligen Lächeln auf dem Gesicht und vor Wohlbefinden schnurrend.

In Palma angekommen, glücklich über meine Entscheidung, ein neues Leben begonnen zu haben, will ich mich belohnen. Voller Energie stürme ich eine Boutique. Diese netten Kleidchen mit den gewagten Farben und dem angenähten Schnickschnack im Schaufenster haben es mir angetan.

Den seltsamen Blick der Verkäuferin kann ich mir nicht erklären. „No tenemos talla para usted”, sagt sie. Es rattert in meinem Kopf. Keine Größe über 38. Die anderen, mit Sicherheit an Magersucht leidenden Kundinnen sehen mich zufrieden an.

Mit hochrotem Kopf und trotzigem Stechschritt versuche ich, den Ausgang zu finden – leicht gehandikappt durch einen Tränenschleier vor meinen Augen. Dass ich polternd einen Kleiderständer zu Boden befördere, ist nicht verwunderlich. Ich passe nicht durch die engen Gänge.

Vielleicht ein etwas anonymeres Ambiente? Nichts besseres als der Corte Inglés. Wohltuender Duft fängt mich ein, als ich durch die Eingangshalle gehe. Zeit, mir was gutes zu tun. Nett lächelt mich eine Verkäuferin an. Na, endlich! Ich will eine Creme, feuchtigkeitsspendend, für Mischhaut geeignet. Ob ich nicht was für meine Falten tun will? Ich zucke zusammen, fasse mich und bitte darum, das unerschwingliche Elixier an den Augen ausprobieren zu dürfen. Das geht nicht, sie wären verschwollen, rot, einfach zu gereizt. Es reicht! Die Kleiderabteilung schenke ich mir.

Auf Mallorca werde ich nicht glücklich. In einer Bar bestelle ich mir einen Kaffee. Als ich zahlen will, sieht mich der Kellner lächelnd an: „Geh nicht in der Sonne”, sagt er. „Ein Bonbon wie du darf nicht schmelzen.” Danke!