TW
0

Sommer, Sonne, sorgenfrei. Wer aus Deutschland auf die Balearen übersiedelt, um zu arbeiten, den Ruhestand oder auch nur die kalte Jahrezeit zu verbringen, ist leicht geneigt, die Vorsorge für den Fall der Krankheit als lästige Nebensache zu betrachten.

Das kann teuer werden. Denn Unwissenheit schützt nicht vor der Rechnung. Und die treiben Ärzte, egal ob Deutsche oder Spanier, und die Krankenhäuser, egal ob staatliche oder private, beim Patienten ein, wenn kein Versicherungsschutz besteht.

Der Leichtsinn ist verständlich: Schließlich kommen alle mit Hoffnung auf gute Tage. Und die läßt sich niemand gern trüben durch Gedanken an Arztbesuch und Krankheit, Unfall und OP, Mehrbettzimmer und Zahnersatz. Viele vergessen sogar zu prüfen, ob überhaupt Versicherungsschutz besteht. Für Rosa Nieves und Dagmar Horlitzki ist das Tagesgeschäft. Die beiden Mitarbeiterinnen in der AOK-Niederlassung in Palma sind regelmäßig „Kummerkasten” für Deutsche aller Krankenkassen, die bei Erkrankung plötzlich vor einem großen Fragezeichen stehen.

Es gilt der Grundsatz: Jeder muss sich Gedanken über seine Krankenversicherung auf Mallorca machen. Je länger er bleibt, desto mehr. Und umso intensiver, je älter er ist. Das kann dauern, aber es spart Geld. Viel Geld unter Umständen und sicher viele Unannehmlichkeiten.

Patentrezepte gibt's kaum, deshalb braucht die Suche ein gehöriges Maß an Muße. Der Vorteil: Das Angebot ist breit. Deutsche Versicherungsagenten gibt es mittlerweile in reichlicher Zahl, deutsche Gesellschaften bieten Tarife an, die auf die Bedürfnisse der Residenten zugeschnitten sind. Insel-Pionier war Manfred Rasch mit seinem Büro in Porto Pí. „Ich habe vor zwölf Jahren angefangen, weil ich zunehmend Anfragen aus Mallorca hatte”, sagt der 52-Jährige, der ausschließlich die DKV vertritt. Der deutsche Versicherer kaufte zwischenzeitlich die spanische Previasa, mittlerweile firmiert das Unternehmen auch in Spanien als DKV.

Mit der „Produktlinie Iberica” bieten die Saarbrücker Union Krankenversicherungs AG und Würzburger Versicherungs-AG seit neuestem spezielle Tarife für Residenten. Außerdem bieten spanische Gesellschaften eine breite Palette von Verträgen. Sie sind eine bedenkenswerte Alternative etwa für Residenten, die keinen gesteigerten Wert auf deutsche Ansprechpartner im Gesundheitswesen legen.

Wichtig zu wissen ist für Deutsche vor allem eines: Im spanischen Gesundheits-System ist (fast) alles anders. „Schon das deutsche Verständnis von Versicherung ist völlig unterschiedlich”, erklärt Wolfgang Hammler. Seit sieben Jahren betriebt er mit seinem spanischen Partner Daniel Salamanca die Vertretung „Insel Mallorca” in Palma. Sein Tipp: „Der Kunde sollte sich genau erkundigen, gerade die Krankenversicherung erfordert umfangreiche Beratung.”

Fax-Anfragen zu Angeboten beantwortet der 52-Jährige deshalb schon lange nicht mehr, auch bei Kunden, die auf Empfehlung Bekannter einen bestimmten Vertrag abschließen wollen, ist er vorsichtig. „Tatsächlich brauchen die Leute oft etwas völlig anderes.” Auch Vorurteile muss Hammler oft entkräften. „Viele wollen auf keinen Fall ins Hospital Son Dureta. Dabei arbeiten dort die besten spanischen Ärzte.”

Vergewissern müssen sich die Versicherten der Leistungs-Beschränkungen in ihren Verträgen. Die gibt es in deutschen wie spanischen Tarifen gleichermaßen. Kann der Versicherer bei chronischen Krankheiten den Vertrag kündigen? Werden etwa Herzschrittmacher und Dialyse bezahlt? Welches Krankenhaus kann aufgesucht werden, besteht freie Arztwahl? Das sind nur wenige von vielen wichtigen Fragen. Absichern lassen sich nahezu alle Risiken, die Auswahl unter den Tarifen ist reichlich. Aber: Je umfangreicher die Absicherung, desto teurer.

Im Kosten-Vergleich mit der Heimat kommen die Deutschen allerdings gut weg. „Bei spanischen Gesellschaften gibt es einen Schutz für 11.000 Pesetas, der in Deutschland 600 bis 700 Mark kosten würde”, rechnet Wolfgang Hammler vor.

Ein Sonderkapitel ist die Zahnbehandlung. „Dafür gibt es in Spanien keinen Extra-Tarif”, erklärt Hammler, „das ist wie in Deutschland vor 35 Jahren.” Allerdings ändern sich die Zeiten. Einige Tarife sichern auch den Zahnarzt-Besuch vergleichbar wie in Deutschland ab, mal haben die Gesellschaften Global-Verträge mit Dentisten, dann gibt's für den Versicherten Rabatt.

Grundsätzlich gilt: Wer auf Mallorca arbeitet oder selbstständig ist, ist über die spanische Sozialversicherung „Seguridad Social” abgesichert und kann sich damit medizinischer Versorgung grundsätzlich sicher sein. Auch Langzeit-Urlauber, die weiter ihren Wohnsitz in Deutschland behalten, können sich mit der gesetzlichen oder privaten deutschen Krankenversicherung plus einer Reise-Zusatzversicherung ausreichend absichern.

Probleme kann es für ältere deutsche Residenten geben, die auf den Balearen nicht berufstätig sind und in Deutschland keinen Wohnsitz mehr haben. „Im Alter zwischen 50 und 60 kann es sehr eng werden”, sagt Andrea Zerbst vom Iberia Insurance Team. Denn die Einstiegs-Tarife liegen da bei den „Privaten” ohnehin schon relativ hoch, bei einer chronischen Erkrankung können die Versicherer den Vertrag ablehnen. „Ich empfehle, wenn möglich, die deutsche Versicherung zu behalten”, sagt Andrea Zerbst.

Denn allzu oft wird aus dem festen Vorsatz, den Rest des Lebens auf Mallorca zu verbringen, doch die Rückkehr nach Deutschland. Dort angekommen, ist es oft nur schwer möglich, sich im fortgeschrittenen Alter gesetzlich oder privat zu versichern. Diese Fälle kennen alle Makler. „Da spielen sich echte Dramen ab. Eine Privatversicherung abzuschließen, ist nicht schwer, die richtige zu finden, hingegen schon.

Regel eins: Der Kunde sollte sich unbedingt die Zeit nehmen, um sich fachkundig beraten zu lassen. Möglichst von verschiedenen Fachleuten, die verschiedene Produkte anbieten. Regel zwei: Der Kunde sollte wissen, was er von seiner Versicherungen erwartet. Regel drei: Von der (deutschen) Vorstellung, die Leistungen seien weitgehend gleich, nur der Preis der Gesellschaften unterschiedlich, muss sich der Kunde verabschieden. Die Frage sollte lauten: Bekomme ich für diesen Preis, was ich von meiner Versicherung erwarte?

Die Wahl zwischen deutschen und spanischen Tarifen kann zwar zur Qual werden, doch kann der clevere Kunde sich fast nach Wunsch ein Paket und einen für ihn günstigen Tarif aussuchen. Will heißen: Er zahlt nicht, was er nicht braucht.

Entscheidend für viele Residenten ist die Möglichkeit, einen deutschen Arzt nach freier Wahl aufsuchen zu können. Wer auf diese Option verzichten kann, fährt bei ansonsten gleicher Leistung unter Umständen günstiger mit dem Tarif einer spanischen Gesellschaft.

Grundsätzlich gilt: Wählt der Kunde den Mediziner aus, wird's teurer. Denn mangels verbindlicher Gebührentabellen sind die Sätze für die Abrechnung zwischen Mediziner und Versicherer nicht festgelegt, sondern beruhen auf Abkommen zwischen beiden Seiten.

Ein weiterer Punkt ist ein jährliches Kündigungsrecht des Vertrages, das sich der Versicherer ausdrücklich vorbehalten kann. Selbst wenn die Gesellschaften von dieser Möglichkeit selten Gebrauch machen – negative Publicity wäre garantiert – geht der Patient im Falle einer „teuren” chronischen Erkrankung das Risiko ein, plötzlich ohne Versicherung dazustehen. Eine wichtige Überlegung für nicht berufstätige Residenten, die nicht durch die Seguridad Social zusätzlich abgesichert sich.

Durchaus üblich ist auch die Festlegung von Obergrenzen für die Kostenübernahme bei bestimmten Leistungen und Medikamenten. Dabei sollten Deutsche wissen, dass das ärztliche Leistungen in Spanien günstiger sind als in Deutschland. Will heißen: Eine für deutsche Maßstäbe knappe Bemessung kann durchaus genügen.

Letztlich sollte der Kunde wissen, bis zu welchem Alter die Gesellschaft ihn versichert und sich über die Entwicklung der Beiträge informieren. Wichtig zu wissen: Weil in Verträgen oft keine Altersrückstellungen gebildet werden, sollte der Versicherte selbst zusätzlich für Steigerungen vorsorgen.

Darauf weist etwa die DKV Spanien ausdrücklich hin. Sie bietet mit ihrem „Top Health”-Tarif ein umfangreiches Paket für weltweite Deckung, freie Arztwahl und unlimitierte Deckung an. Auch Zahnbehandlungen werden zu 80 Prozent bezahlt. Dafür zahlt ein 30-jähriger Mann umgerechnet rund 270 DM, eine Frau gleichen Alters 530 DM. Die Beiträge steigen mit dem Alter folgendermaßen: 40 (317/530 DM), 50 (460/650 DM), das Höchsteintrittsalter liegt bei 55 Jahren (620/765 DM). Wird Selbstbeteiligung bei ambulanter Behandlung vereinbart, sind die Beiträge entsprechend geringer.

Keinen Geschlechts-Unterschied macht der „Medicentro-Elite”-Tarif des spanischen Centro Asegurador. Er sichert bei freier Arzt- und Krankenhaus-Wahl ein Risiko bis zu 50 Mio Pesetas weltweit ab, Zahnbehandlungen sind jedoch nicht enthalten. Hier können 30-Jährige für umgerechnet 133 Mark einsteigen (40: 163 DM; 50: 207 DM; 55: 260 DM; 70: 435 DM). Es gibt keine Altersbeschränkung.

Neu auf dem Markt sind Union-Krankenversicherung und Würzburger Versicherungs-AG mit den Tarifen Iberica-Compakt (bis 55 Jahre, Männer 129 DM, Frauen 233 DM) und Iberica-Senior (ab 55 Jahre, jeweils 233 DM). Ob die Beiträge für die Vollkonzepte mit Zahntarif (Übernahme bis 600 Mark/Jahr, Zahnersatz bis 2000 Mark/Jahr) stabil bleiben, scheint allerdings fraglich. Bereits für das 2. Halbjahr 2001 kündigt der Versicherer eine Änderung der „Bedingungen und Beiträge” für diese Produkte an.