,,Ya están”, sagt mein Freund Jaume, nachdem er nach vielen
Wochen wieder einmal in Palma war. ,,Sie sind schon da!” Jaume
verlässt sein heimatliches Bergdorf nicht oft. Palma ist für ihn
fast gleichbedeutend mit ,,Ausland”. Dort, in der großen Stadt,
leben lauter Leute, mit denen er wenig bis gar nichts anfangen
kann. ,,Forasteros” und ,,extranjeros”. Leute, die auf dem
spanischen Festland geboren sind oder aus einem anderen Land
kommen. Beide sprechen eine Sprache, die er entweder nicht versteht
oder nicht verstehen will. Wobei das Wort ,,Sprache” hier durchaus
als Metapher verstanden werden sollte und nicht nur mit dem Idiom
zu tun hat. Die einen sind meinem Freund Jaume so suspekt wie die
anderen.
Dass auch ich eine ,,extranjera” bin, hat er entweder vergessen
oder will es (nicht mehr) zur Kenntnis nehmen. Wir sind einander
seit Jahren vertraut. So erfahre ich immer mal wieder, was Jaume in
der großen, weiten Welt, in der ,,Hauptstadt” erlebt. Es ist ihm
dort zu laut, zu hektisch, alles geht viel zu schnell. So viele
Autos! So viele Geschäfte! Und erst die Preise! Dabei sind das
lauter Sachen, die kein Mensch braucht, meint Jaume. Ein Paar
Schuhe für den Winter, ein weiteres für den Sommer sind mehr als
genug.
Und außerdem: Wer nicht friert, wer ein gemütliches Bett hat und
genug zu essen, der ist doch eigentlich rundum privilegiert. Wozu
muss man da noch Dinge kaufen, die sowieso nur herumstehen und
keinen Zweck erfüllen. Ich habe mehrmals versucht, mit Jaume
darüber zu sprechen, dass ein weiteres Buch, ein besonderes Essen,
ein modisches Kleid oder ein ausgesuchter Pullover einfach Spaß
machen können. Von großen Autos, Yachten oder Golfkleidung habe ich
nicht gesprochen.
Jaume wird bei diesen Gesprächen sehr leicht ungeduldig. Seiner
Meinung nach müsste ich längst begriffen haben, dass man keine
Pflanzen für den Garten kauft, wenn es doch Ableger gibt, dass man
in einem großen Auto genauso von einem Fleck zum anderen kommt wie
in einem kleinen, dass man von jedem Essen eben einfach nur satt
wird. Und dass man niemals mehr als nur ein Kleidungsstück tragen
kann. ,,Ich verstehe das nicht. Da kaufen diese Fremden all diese
Klamotten. Und was machen sie damit? Sie ziehen sie aus!” Heute
stellte ich fest, dass die meisten in Palma die Klamotten schon
aushatten. ,,Ya están”, sagt Jaume. Und meint damit die
Halbnackten.
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