Pestizide im Wasser, Schwermetall im Gemüse, Dioxin im Fisch,
BSE im Rindfleisch, Hormone im Schwein: In den vergangenen Jahren
sind die Negativmeldungen über Krankmacher in Lebensmitteln nicht
abgerissen. Vor allem die BSE-Krise hat viele Verbraucher
sensibilisiert: Was können und sollen wir denn überhaupt noch
essen? Andreu Palou, Ernährungsexperte an der Balearenuniversität
und Mitglied einer europäischen Kommission zum Thema
Qualitätssicherung von Lebensmitteln, relativiert die Sorgen des
Konsumenten: ,,Insgesamt sind die Lebensmittel heute besser als
jemals zuvor.” Dazu hätten immer angemessenere Kontrollen, mehr
Transparenz in den Medien und strengere Verbraucherschutzgesetze
geführt.
Mallorca bietet nicht die schlechtesten Voraussetzungen für eine
gesunde Ernährung: ,,Wir haben Glück, dass wir hier leben”, sagt
Andreu Palou. Um das Risiko, verseuchte oder belastete Nahrung zu
sich zu nehmen, möglichst gering zu halten, und um sich alle
nötigen Nährstoffe und Vitamine zuzuführen, sei ein ausgewogener
Speiseplan mit möglichst vielen verschiedenen Komponenten zu
empfehlen.
Paradebeispiel sei die Mittelmeerküche, die reich an Gemüse,
Früchten, Fisch und diversen Fleischarten, Brot und anderen
Beilagen ist, und tierische Fette zum großen Teil durch Olivenöl
ersetzt. Das hilft, Herzkrankheiten und Fettleibigkeit vorzubeugen.
Den Genuss von Fisch oder Fleisch ein bis zwei Mal die Woche hält
der Biologe für ausreichend. ,,Aber ich will da niemanden
bevormunden.” Was die Belastung von Nahrungsmitteln mit
Schadstoffen anbelangt, sei das Dioxinproblem europaweit am
,,besorgniserregendsten”. Besonders stark reichert sich das
langlebige Gift im Fett der Fische an: Teilweise reichen die
Konzentrationen bereits an die zulässigen Grenzwerte heran. Abhilfe
kann nur dort geschaffen wird, wo Dioxin entsteht: vor allem in
Verbrennungsanlagen und der chemischen Industrie. Die
Verunreinigung von Obst und Gemüse mit Rückständen von Düngemitteln
und Schädlingsbekämpfungsmitteln hält er für weniger problematisch:
,,Der Anbau erfolgt sehr kontrolliert und die Grenzwerte werden
immer weiter herunter gesetzt.” Für die Zukunft sieht der
Uni-Professor ganz neue Probleme auf den Verbraucher zukommen: ,,Es
wird wichtige Veränderungen geben.” Schon jetzt gebe es einen Trend
zur Entwicklung von ,,funktionalen Lebensmitteln”. Sie basieren auf
der Erkenntnis der Wirksamkeit bestimmter Bestandteile. Zum
Beispiel sind die positiven Eigenschaften von Vitaminen oder
Kalzium zur Vorbeugung mancher Krankheiten bekannt. ,,Es gibt eine
Tendenz, die Lebensmittel mit solchen Wirkstoffen anzureichern.
Künftig gibt es vielleicht Reis mit Vitaminen.” Problem ist, dass
die positive Absicht, Mängel auszugleichen, ins Gegenteil
umschlagen kann, wenn zuviel des Guten im Körper landet. Folgen
können zum Beispiel Missbildungen bei Neugeborenen sein. Palou
arbeitet zusammen mit einer internationalen Gruppe von
Wissenschaftlern daran, herauszufinden, welche maximale
Konzentration dieser Zusatzstoffe der Mensch verkraften kann: ,,In
anderthalb Jahren wissen wir mehr darüber.” Als Hauptproblem dieses
Jahrhunderts sieht der Forscher aber die Fettleibigkeit an. Ein
Trost für alle Dicke: In der Regel sind ihre Schwarten nicht nur
auf exzessive Schlemmereien zurückzuführen. ,,Es gibt eine starke
genetische Veranlagung für Fettleibigkeit. Ich gehe davon aus, dass
sie zu 50 Prozent Veranlagung ist.” Die Wissenschaftler arbeiten
derzeit daran, die verantwortlichen Gene ausfindig zu machen, und
Nahrungsmittel zu kreieren, die die Verbrennung anregen. Eine
Traumvorstellung für jeden Genussmenschen – nur gegen das Gläschen
Wein zuviel wäre damit noch kein Kraut gewachsen.
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