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,,Deutsche Medien machen eine Kampagne gegen Mallorca”, klagen einheimische Politiker, Hoteliers und Journalisten, seit die Teutonen nicht mehr so zahlreich die Insel buchen. Schlagzeilen wie ,,Wasserkrieg auf Mallorca”, ,,Duschen nach Stundenplan” oder ,,Giftgefahr am Ballermann?” machen tatsächlich nicht unbedingt Lust auf das Lieblingsziel.

Wie viele andere wies die ,,Süddeutsche Zeitung” auf die Umweltprobleme hin und bezeichnete das ,,Imageproblem” Mallorcas als ,,hausgemacht”. Autorin Sibylle Haas mutmaßt, Mallorca als ,,eines der ältesten Charterziele” sei auch als erstes ,,ausgelaugt” von den schädlichen Folgen des Massentourismus”.

Im Visier der Kritiker steht aber besonders Springers ,,Bild”. ,,Erst haben sie Mallorca jahrelang gehypt, jetzt schreiben sie es tot”, argwöhnt eine deutsche Journalistin auf der Insel.

Der ,,Bild”-Chefredakteur weist solche Vorwürfe weit von sich: ,,Wir machen doch die Ereignisse nicht”, sagt Udo Röbel und vergleicht die Reaktion mit dem, was früher in Italien los war, wenn Deutschlands größte Zeitung über die Algenplagen in der Adria berichtet hatte: ,,Da waren wir abends Spitzenmeldung im Fernsehen.”

Auch bei ,,Bild am Sonntag”, die mit ihren ,,Zehn Gründen, warum Deutsche nicht mehr nach Mallorca reisen” für bittere Reaktionen gesorgt hatte, hält man den Kampagnen-Vorwurf für ,,Quark”: ,,Das wäre ein Eigentor”, sagt der stellvertretende Chefredakteur Wolfgang Windel. Schließlich sei Mallorca die Lieblingsinsel der Leser. Man habe natürlich negative Nachrichten über Ökosteuer, Streiks, Wassermangel, Hai-Alarm oder Stromausfälle aufgegriffen: ,,Aber wenn die jetzt so tun, als ob wir ihnen das Wasser weggesoffen oder den Strom abgestellt hätten, dann finde ich das doof.”

Alix Meier, der als freier TV-Journalist die Geschichte der brennenden Müll-Kippen bei Arenal, über die MM schon mehrfach berichtete, an die ARD verkauft hatte, sieht das ähnlich: ,,Ist doch klar, dass sich die deutschen Medien zu Beginn des Sommers auf so eine Sache stürzen.” Die meisten Redaktionen beziehen ihre Informationen über die Deutsche-Presse-Agentur (DPA). ,,Die machen das Image”, sagt ein Reise-Journalist.

In Madrid sitzt Korrespondent Jörg Vogelsänger und schickt in die Hamburger DPA-Zentrale, was mallorquinische Medien berichten oder was ihm eine freie Mitarbeiterin auf der Insel übermittelt. ,,Es sind halt in diesem Sommer mehrere Dinge zusammengekommen”, sagt der Agentur-Journalist. Aber auch positive Berichte oder Rekordzahlen vom Flughafen gingen raus. ,,Wir bieten nur die nackte Nachricht an.”

Jakob Strobl, Reiseredakteur der ,,Frankfurter Allgemeinen Zeitung”, glaubt jedoch nicht, dass wegen ,,eines Berichtes über einen Taxi-Streik ein Pauschaltourist weniger Mallorca bucht”. ,,Die Medien haben Mallorca lange geherzt und gedrückt. Jetzt tauchen die blauen Flecken auf”.

,,Letztes Jahr war es angezeigt über den Boom zu berichten”, sagt Oliver Gehrs, Medien-Redakteur des ,,Spiegel”. Heute sei es wohlfeil, die negativen Nachrichten auszuschlachten, zumal bei Themen wie der Öko-Steuer. Dass dabei gelegentlich übertrieben werde, liegt für Gehrs auf der Hand, weil kaum ein Medium ausreichend lange vor Ort recherchieren lasse. So kämen die Infos über Agenturen, die Boulevard-Presse und andere Kanäle an. ,,Das ist wie stille Post.”

,,Spiegel” und ,,Focus” nutzten Mallorca als Aufhänger, um die Wandlung des Touristengeschäfts zu beleuchten. Der ,,Stern” widmet seinen aktuellen Titel in ironisch-kritischem Ton dem Trend zum ,,Qualitätstourismus”, der damit einhergehenden Ansammlung reicher Alemanes und ihrem bisweilen protzigen Auftreten. Die Zeitschrift ruft den ,,Abschied vom Massentourismus” aus.

Am Edel-Image der Insel strickt das RTL-Fernsehen, das sich mit Ulrike Menn im Sommer eine feste Korrespondentin auf der Insel leistet, kräftig mit. ,,Wir bringen viel über Promis, Lifestyle, schöne Bilder”, sagt Menn. Man werde Mallorca doch nicht kaputtsenden, schon des eigenen Arbeitsplatzes wegen.

Die ,,Bunte” erschreckte jüngst ihre Leser mit einer Story über den Hass der Mallorquiner auf die Deutschen. Darin habe er sogar Verständnis für die Ablehnung der Mallorquiner geweckt, findet der Autor Axel Thorer, stellvertretende Chefredakteur der Klatsch-Illustrierten und langjähriger Mallorca-Resident.

,,Spiegel”-Mann Gehrs hält gerade Geschichten über Ressentiments der Mallorquiner gegenüber Deutschen für eine echte Gefahr für das Tourismus-Geschäft: ,,Das wird in Deutschland als extreme Undankbarkeit begriffen.” Axel Thorer gibt offen zu, dass er für jeden Negativbericht über Mallorca ,,sogar dankbar” sei. Denn damit werde das ,,Überlaufen der Insel gestoppt”.