,,Eigentlich konnte es nach dem Rekordjahr 1999 nicht mehr
weiter nach oben gehen”, weiß ein Tourismusmanager. Trotzdem haben
Reiseveranstalter und Ferienfluggesellschaften auf Mallorca mit
Steigerungen auch in dieser Saison gerechnet und die Kapazitäten
entsprechend aufgestockt.
Bei den meisten Reiseveranstaltern und Charterairlines schrillen
denn auch die Alarmglocken, wenn die neuesten Buchungszahlen aus
Mallorca eintreffen. Minus allerorten – ,,wer etwas anderes
behauptet, lügt”, so ein Insider. Deswegen sagen manche lieber gar
nichts. Bei Alltours in Kleve, zur Zeit ohne etatmäßigen
Pressesprecher, hat man zu viel mit der aktuellen Katalogproduktion
für das Jahr 2001 zu tun. Und bei C&N (Condor/Neckermann),
voriges Jahr mit 1'25 Millionen Touristen auf Mallorca noch
historischer Rekordhalter, heißt es lediglich, ,,die Zahlen sind
unter Plan”. Über das laufende Jahr will man nichts sagen.
Die Situation beim erfolgsgewohnten Branchenführer TUI ist
bezeichnend für die allgemeine Lage: ,,Wir liegen einstellig im
Minus”, so Pressesprecher Mario Köpers, vor allem der August,
bislang sichere Bank für ausgebuchte Betten auf Mallorca, laufe
schlecht. Bei der LTU, wo man gegenwärtig ohnehin um das
wirtschaftliche Überleben kämpft, ist laut Sprecherin Sabine
Schwarzer ,,ein leichter Rückgang” in der wichtigsten Destination
der Deutschen zu verzeichnen. Bei der ITS, wo man lange auf Halten
gesetzt hatte, zeichnet sich ein vierprozentiges Minus ab. Wie
Produktmanagerin Ines Stein erklärt, dürfte sich das noch erhöhen.
Lediglich Werner Bilgram, bei FTI für den Charterbereich zuständig,
kann ein dickes Plus verzeichnen. Aber der Müncher Veranstalter ist
Newcomer auf der Insel, will im vierten Jahr ein großen Stück vom
wichtigen Mallorca-Kuchen. Trotz aller Marketing-Bemühungen, die
auch zu Lasten des Ergebnisses gehen, wird man jedoch das
ehrgeizige Ziel von 200.000 Gästen (gegenüber 1999 eine
Verdoppelung) verfehlen.
Probleme haben auch die deutschen Ferienflieger. Denn wenn die
Reiseveranstalter die Jets nicht vollkriegen, machen sie Verluste.
Wolfgang Hubert, bei Hapag-Lloyd für die PR zuständig, sieht die
Buchungssituation auf den Palma-Strecken ,,ausgesprochen kritisch”.
Nach seinen Worten ,,leiden die Planungen der Reiseveranstalter und
die davon abzuleitenden Flüge der einzelnen Gesellschaften
großenteils unter ganz erheblichen Auslastungsdefiziten”. Das
bestätigt Air-Berlin-Chef Achim Hunold: ,,Wir haben zwar ein
Passagierplus von 27 Prozent, aber da wir die Kapazitäten um 30
Prozent heraufgesetzt hatten, ist die Auslastung zurückgegangen, im
Mai um sechs Prozent.” Die mallorquinischen Hoteliers jammern
besonders über die schlechte Buchungslage. Toni Fuster, Sprecher
des mallorquinischen Hotelverbandes FEHM, beziffert das Minus
gegenüber 1999 auf 20 Prozent. Dabei stellt sich das Bild auf
Mallorca uneinheitlich dar: Lag nach Daten des balearischen
Tourismusministeriums die Auslastung an der Playa de Palma im Mai
bei 76'4 Prozent, betrug sie im Inselosten lediglich 69'5
Prozent.
Bei allen Minus-Zahlen stellt sich die Frage, ob die Unternehmen
noch Geld verdienen oder schon roteZahlen schreiben. ,,Die
Hoteliers machen noch jede Menge Kohle, aber halt nicht mehr in dem
unsittlichen Maße wie 1998-99”, so ein Insider auf Mallorca. Bei
einer Durchschnittsauslastung von unter 80 Prozent, so Toni Fuster,
würde in der Regel draufgezahlt. ,,Aber nicht auf Mallorca, wo die
Hoteliers die Preise so stark angehoben haben und auch bei
niedrigerer Belegung noch Gewinn machen”, meint ein Manager aus
Deutschland und legt gleichzeitig den Finger auf die Wunde.
,,Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt einfach nicht mehr”, heißt
es denn auch unisono. Jetzt kriegten die Hoteliers die Quittung
dafür, dass sie immer mehr Geld wollten, ohne die Leistung
entsprechend anzuheben. An der Gier der Herbergsväter sind die
Veranstalter mit schuld, wie ein Betteneinkäufer selbstkritisch
zugibt: ,,Im Kampf um Kontingente haben wir überhöhte Angebote
gemacht.” In anderen Ländern wie der Türkei seien Aufenthalte in
besseren Hotels für weniger Geld zu kriegen – deswegen boomt das
Land am Bosporus auch, die Krise (Erdbeben, PKK) scheint
überwunden.
Ansonsten ist der Rückgang auf Mallorca für die meisten
Beobachter hausgemacht. Obwohl sich alle über die
Negativ-Schlagzeilen ärgern, sie am liebsten abschaffen würden,
geben sie doch zähneknirschend zu, dass sie stimmen. Von der
Wasser– und Stromknappheit angefangen bis hin zu Meldungen, die den
Eindruck erwecken, die Mallorquiner wollten gar keine Touristen
mehr – Mallorca-Reisen gehen in deutschen Reisebüros nicht mehr
ohne Erklärung über die Theke.
,,Das Geschäft läuft zyklisch, momentan ist eben der Wurm drin”,
fasst ein Manager resigniert zusammen. ,,Zu allem Überfluss gibt es
noch Hai-Alarm und Terror-Drohungen”. Der Negativ-Trend dürfte sich
2001 fortsetzen.
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