Miguel A. García Arrando hat ein umfangreiches Werk zu den Sonnenuhren auf Mallorca verfasst. Er empfiehlt einen Spaziergang entlang der Sonnenuhren am Paseo Marítimo. | Foto: Patricia Lozano

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Wenn Miguel A. García Arrando von Mallorcas Sonnenuhren berichtet, kommt er wahrlich ins Schwärmen: "Die Sonnenuhr ist ein Spiegelbild der Erd-Sonnen-Bewegung", erklärt er. Sie ist der älteste Zeitmesser der Welt und verbraucht zudem keinerlei Energie. Seit 35 Jahren lebt der gebürtige Katalane auf Mallorca, seitdem beschäftigt er sich mit Gnomonik, der Lehre der Sonnenuhren. 2006 stellte er den Katalog "Los relojes de sol de Mallorca" (Die Sonnenuhren von Mallorca) vor. Über Jahre besichtigte García dafür 800 Sonnenuhren auf der Insel, die er katalogisierte und beurteilte.

Auf Mallorca gibt es besonders viele Exemplare, genauer gesagt 0,23 Uhren pro Quadratmeter, hat der Experte berechnet. Das ist mehr als in bestimmten Regionen von Frankreich, Italien und den Alpenländern. "Die Insel war schon immer recht dicht besiedelt", erklärt García. Viele Fincas verfügen über eine eigene Sonnenuhr. Denn gerade auf Grundstücken, die weit weg von einem Dorf liegen, konnten die Bewohner weder den Kirchturm sehen noch die Kirchenglocken hören. So schafften sie sich einen eigenen Zeitmesser an. Deshalb sind auch zwei Drittel der Sonnenuhren auf dem Land zu finden. "Am wichtigsten war es zu wissen, wann die Mittagszeit anbricht", denn dann begann aufgrund der Hitze die Siestazeit.

Zudem hat die Sonnenuhr auch auf der Insel eine lange Tradition: Zur Zeit römischer Herrschaft entstanden viele dieser Zeitmesser. Auch in der Mauren-Zeit regelten Sonnenuhren den zivilen und militärischen Alltag.

Im 14. Jahrhundert entwickelte sich ein mallorquinischer Stil dieser Zeitmesser, von denen heute keiner mehr erhalten ist. Zwischen 1300 und 1800 galten auf Mallorca die mallorquinischen Babylonischen Stunden, eine eigene Zeitrechnung, die in Tag- und Nachtstunden unterschied. So waren im Sommer Tag und Nacht zwölf Stunden lang, im Winter hingegen dauerte der Tag neun, die Nacht hingegen 15 Stunden lang.

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Dokumentarisch wurde 1606 die erste Sonnenuhr festgehalten, sie war an der Kirche Santa Eulàlia in Palma angebracht, ihr Verbleib ist ungeklärt. Das Exemplar an der Finca Son Puig in Puigpunyent ist die älteste noch bestehende Sonnenuhr der Insel, die mit einer Jahreszahl versehen ist: 1612. García geht allerdings davon aus, dass die Uhr an der historischen Kirche in Santanyí aus dem 15. oder 16. Jahrhundert stammen könnte, allerdings wurde sie nicht mit ihrem Entstehungsjahr versehen. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts erlebte die Sonnenuhr aufgrund von Mäzenen einen wahren Boom.

Im Zuge der Industrialisierung verlor die Sonnenuhr mehr und mehr an Bedeutung, mechanische Uhrwerke kamen zum Einsatz und die Zonenzeit zur Anwendung. "Es kam die künstliche Zeitmessung auf, während die Sonnenuhr die wahre Ortszeit anzeigt."

García empfiehlt zwei Spaziergänge für Sonnenuhren-Fans durch Palma: In der Altstadt zwischen Plaça del Rei Joan Carles I und Paseo Uruguay finden sich sechs historische Exemplare, am Paseo Marítimo zwischen Portitxol und Porto Pi sechs neuere, die zwischen 1970 und Jahrtausendwende vom Sonnenuhren-Experten Rafael Soler gestaltet wurden. Auch in Llucmajor und Felanitx sind zahlreiche Zeitmesser zu sehen.

Es gebe nur wenig Interesse an den Sonnenuhren, beklagt García. Für Restaurierungen sei kein Geld da, dabei befinde sich eine große Zahl der Uhren in schlechtem Zustand. Er und weitere Fachmänner der Gnomonik wie Joan Serra und Rafael Soler gehören der Sonnenuhren-Kommission des Denkmalschutzverbands Arca an. Sie stehen auch Privatpersonen beratend zur Seite, die ihre Sonnenuhr restaurieren wollen. "Damit sie wieder mehr Bedeutung erfahren."

(aus MM 14/2016)