Aller Anfang ist beim Erlernen einer neuen Sprache mühsam. Doch wer dranbleibt, profitiert auf Mallorca letztlich davon. | Foto:UH

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"Am Anfang war Pa amb oli für mich nicht viel mehr als steinhartes ungesalzenes Brot mit Tomate", berichtet Tanja Zedler und lacht. "Aber seit mir erklärt wurde, welche Geschichte dahintersteckt, freue ich mich viel mehr, wenn ich zum Pa-amb-oli-Essen eingeladen werde. Es ist nicht mehr nur ein Butterbrot für mich." Mit 23 Jahren kam Zedler mit ihrem deutschen Mann auf die Insel. Damals konnte sie so gut wie kein Spanisch. "Ich bin nicht sprachbegabt", sagt sie von sich selbst. Heute, 20 Jahre später, redet sie fließend und fast akzentfrei, denkt und träumt sogar manchmal auf Spanisch.

Ihr Fall ist einer von vielen, der zeigt, wie wichtig Sprache für Integration ist - auch auf einer Insel wie Mallorca, auf der Deutsch zum Überleben eigentlich vollkommen ausreicht. "Aber ich habe es drauf angelegt, Spanisch zu lernen", berichtet Zedler. Die ersten elf Jahre auf Mallorca bemühte sie sich regelrecht, außer mit ihrem Mann nicht mit Deutschen Kontakt zu haben. "Das hat uns gut getan. Ohne Spanisch würde ich mich nicht willkommen fühlen", ist sie sich sicher.

Mittlerweile hat Zedler durch ihre Arbeit für die Lebenshilfe-Finca "Ca'n Agustin" bei Sa Coma auch Deutsche im Bekanntenkreis. Spanisch gehört dennoch fest zu ihrem Alltag. "Ich versuche manchmal, diejenigen, die kein Spanisch können, zu motivieren. Denn durch Kontakt zu Einheimischen versteht man viele kulturelle Sachen einfach besser, das merke ich immer wieder."

Sebastià Roig, Leiter des Spracheninstituts an der Balearen-Universität, kann das nur bestätigen. "Sprache hilft, zu verstehen", sagt er und bezieht sich dabei nicht nur auf stumpfe Übersetzungen, sondern auch auf kulturelle Aspekte. "Hinter Ablehnung steckt oft Unwissen, und das kann man vor allem durch Kontakt und Kommunikation überwinden." Gespräche und gemeinsame Erlebnisse seien hilfreich, um die Kultur und die Traditionen eines Landes zu erfassen - auf gegenseitiger Basis.

Zusammen mit Spaniern lachen, das ist so ein Erlebnis, das Tanja Zedler nicht missen möchte. "Manchmal muss man sich von den Spaniern Sprüche anhören. Über die deutsche Pünktlichkeit und das ständige Nörgeln zum Beispiel. Aber das darf man den Leuten nicht übel nehmen, es gibt ja auch genug Situationen, in denen man über die Spanier lachen kann", findet Zedler.

Abschrecken lassen dürfe man sich auch nicht von eigenen Fehlern, sagt sie und schmunzelt. "Ich erinnere mich noch an ein Gespräch in meiner Anfangszeit, beim Küchenkauf", erzählt sie. Bei der Verwechslung der Worte "cajones" (Schubladen) und "cojones" (Hoden) hätte der Verkäufer nicht ernst bleiben können. "Auch da muss man einfach mitlachen", betont Zedler grinsend.

Dennoch sind ihr auch die Schattenseiten des Sprachelernens bewusst. "Natürlich ist es am Anfang mühsam, gerade wenn man nicht sprachtalentiert ist. Aber man hat es im Endeffekt einfacher - und nichts zu verlieren, sondern nur zu gewinnen." Und das in allen Lebenslagen. Egal ob bei Behörden oder in Verhandlungen mit Dienstleistern. "Ohne Spanisch läuft man gerne mal vor zwei Wände mehr", ist sich Zedler sicher. Vom Privatleben ganz zu schweigen. "In Gesprächen auf Partys nichts zu verstehen ist unangenehm. Und man kann keinen Respekt von den Insulanern erwarten, wenn man sich nicht einmal bemüht, ihre Sprache zu sprechen."

"Die Menschen freuen sich, wenn man sie auf der Straße in ihrer Muttersprache anspricht und öffnen sich", bestätigt auch Roig. "Ihre Sprache", das ist auf Mallorca in vielen Fällen nicht nur Spanisch, sondern auch vor allem Mallorquinisch, ein Dialekt des Katalanischen.

"Ich habe drei Jahre mit Spanisch auf der Insel überlebt", erzählt Hartmut Botsmann. "Dann habe ich angefangen, Katalanisch zu lernen, und es war wie eine Wiedergeburt, es hat meine Lebensqualität absolut erhöht." Der heute 57-Jährige kam mit 26 Jahren aus Norddeutschland nach Mallorca und arbeitet seit vielen Jahren als Deutschlehrer an dem Mossèn-Alcover-Gymnasium in Manacor - als einziger Deutscher unter mehr als 100 Kollegen. Um den Job ausüben zu dürfen, musste Botsmann seiner Zeit einen Katalanischkurs belegen, die Dienstsprache ist Katalanisch.

Doch auch aus seiner Freizeit kann er sich Mallorquinisch nicht mehr wegdenken. Wegen seiner mallorquinischen Frau, aber auch auf der Straße. "Mit Spanisch war ich begrenzt akzeptiert, konnte mich vielleicht zu 80 Prozent integrieren. Aber 100 Prozent geht nur, wenn man auch Katalanisch spricht", empfindet Botsmann.

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Die Frau im Tabakladen zum Beispiel, die ihm zuvor kaum einen höflichen Satz widmete, fragte plötzlich interessiert nach seinem Hintergrund. Und Anerkennung von allen Seiten stehe fast auf der Tagesordnung. "Alle drei Tage werde ich im Durchschnitt für mein Katalanisch gelobt, das war mit Spanisch nicht so."

Dass nicht wenige deutsche Residenten auch nach Jahren auf der Insel nicht einmal Spanisch sprechen, kann Botsmann nicht nachvollziehen. "In Deutschland erwartet man von Ausländern ja auch, dass sie Deutsch lernen. Sonst bilden sich Parallelgesellschaften." Botsmann hat mittlerweile sogar einen spanischen Pass, spricht Katalanisch besser als Spanisch und ist einer der Sprecher der Bürgerinitiative Salvem Portocolom, die sich seit Jahren für die Bewahrung des ursprünglichen Charakters des Küstenortes einsetzt. Keine Frage: Botsmann ist einer der am besten integrierten Deutschen auf der Insel.

Um das zu erreichen, liegt vor Jacqueline von Angern noch einiges an Arbeit. Im vergangenen Sommer kam die 46-jährige Berlinerin nach Mallorca, Spanisch konnte sie damals bereits. Einer ihrer ersten Gänge war der zur Sprachschule der Balearen-Regierung. "Ich will Katalanisch lernen", sagt sie ehrgeizig. Genau wie Botsmann ist sie sprachbegabt und -interessiert. "Katalanisch reizt mich, es ist witzig und interessant", findet sie. Die ersten Monate auf der Insel versuchte sie es mit Lernvideos aus dem Internet, im Oktober ging dann der Sprachkurs los. "Die Sprache ist irgendwie ähnlich wie Spanisch und dann doch wieder ganz anders, aber auf jeden Fall schwieriger", findet sie.

"Besser ist es, mit Spanisch zu beginnen", bestätigt auch Sprachprofessor Roig. "Dann hat man eine gute Basis für das Katalanische." Auch sollte man sich nicht zu viel vornehmen. "Das Wichtigste ist es, sich zu bemühen. Gerade ältere Menschen brauchen länger, um eine Sprache zu lernen, aber es ist möglich." Vor allem die erste Phase, in der viele Hemmungen haben zu reden, müsse überwunden werden. "Dann wird es automatisch besser." Auch Tandem-Partner könnten helfen.

Ihren Kaffee bestellt Jacqueline von Angern immer noch auf Spanisch. "Ich will erst noch ein bisschen mehr lernen, bevor ich mit Fremden Katalanisch rede", erklärt sie. Eine Gelegenheit, trotzdem zu üben, hat sie sich selbst geschaffen: Seit ein paar Wochen organisiert sie einen Katalanischstammtisch in Palmas Innenstadt. "Die Leute kommen aus verschiedenen Ländern, und auch Mallorquiner sind dabei", berichtet von Angern und ist zuversichtlich: "Bald werde ich auch auf der Straße mit Katalanisch beginnen."

SPRACHANGEBOTE IN PALMA

- Spanischkurse im Sprachenzentrum der Balearen-Universität sind auch für Nicht-Studenten und Menschen jeden Alters offen. „Zudem besteht die Möglichkeit, speziell zugeschnittene Zusatzkurse zu beantragen, falls sich eine Gruppe von etwa acht Personen mit dem gleichen Sprachniveau zusammenfindet”, so Institutsleiter Roig.Infos online unter cursosele.uib.es

- Auch die offizielle Sprachschule der Balearen-Regierung bietet günstige Spanisch- und Katalanischkurse an. Details unter www.eoipalma.com

- Der internationale Katalanischstammtisch um Jacqueline von Angern trifft sich montags um 19.30 Uhr im Café Verde an der Plaça de la Mercè in Palma.

(aus MM 07/2016)