Dr. Andreas Leonhard vom deutschen Facharztzentrum Paguera im Südwesten von Mallorca rät zu frühem Abendbrot und begrenzten Mittagspausen. | Foto: pl

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Kulturelle Unterschiede und Gewohnheiten hin oder her - der Tagesablauf hat Auswirkungen auf den Körper. MM sprach mit dem ärztlichen Direktor des deutschen Facharztzentrums in Peguera und Santa Ponça, Dr. Andreas Leonhard, über Vor- und Nachteile der spanischen Lebensweise.

MM: Die Spanier beginnen ihren Tag später als die Deutschen. Wie bewerten Sie das aus medizinischer Sicht, Herr Leonhard?

Dr. Andreas Leonhard: In Deutschland geht die Schule oft schon um 7.50 Uhr los, viele Kinder müssen schon um 7.30 Uhr aus dem Haus, das ist absurd früh. Um diese Zeit können die Schüler keine gute Leistung bringen. In Spanien beginnt der Unterricht oft erst um 8.30 oder 9 Uhr, das kommt dem Biorhythmus entgegen.

MM: Was halten Sie von der stundenlangen spanischen Siesta?

Leonhard: Die wird bald so nicht mehr existieren, sie ist kontraproduktiv. Denn wer zu lange ruht, wird dadurch noch erschöpfter. Auch das üppige Mittagsmahl vieler Spanier ist nicht dienlich. Besser eine kleine Essenspause mit leichter Kost und anschließend bis zu 30 Minuten ruhen oder leichte sportliche Aktivitäten und danach noch ein paar Stunden weiterarbeiten. Dann ist man auch früher mit der Arbeit fertig.

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MM: Und kann dementsprechend früher zu Abend essen?

Leonhard: Genau. Die späte Abendessenszeit der Spanier ist gesundheitlich nicht vorteilhaft, vor allem dann nicht, wenn schwerverdauliche Kost wie fettiges Fleisch oder Salat zu sich genommen wird. Manche essen ja erst um 22 oder 23 Uhr. Wenn man so spät den Insulinspiegel hochtreibt, können die Fette über Nacht nicht abgebaut werden, es ist gegen den Biorhythmus. Der spanische Tagesablauf hat wie der deutsche eben Vor- und Nachteile.

MM: In Spanien ist es nicht unüblich, kleine Kinder bis 23 Uhr noch auf der Straße spielen zu sehen. In Deutschland wäre das undenkbar. Leiden spanische Kinder unter Schlafmangel?

Leonhard: Dass Kinder hier lange aufbleiben dürfen, sehe ich nicht als Nach-teil, es ist die südländische Lebensart und gut für die Familie, weil man so mehr Zeit miteinander verbringen kann. Kinder holen sich schon ihren Schlaf, wenn sie ihn brauchen. Sie um 19 Uhr ins Bett zu verbannen muss nicht sein, erst recht nicht hier in Spanien, wo es lange warm und hell ist.

Mit Dr. Andreas Leonhard sprach MM-Redakteurin Sophie Mono

(Aus MM 4/2016)