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Mallorcas Bischof Javier Salinas hat das Ramon-Llull-Jahr ausgerufen. Von November 2015 bis November 2016 wird auf der Insel des 700. Todesjahres des bedeutenden mittelalterlichen Theologen, Missionars und Schriftstellers gedacht. Dabei geht es nicht nur um das Erinnern. Vielmehr sollen das Studium und die Verbreitung des Denkens von Llull gefördert werden. Denn der Bischof sieht in ihm "den universellsten Mallorquiner aller Zeiten".

Llull war der Sohn eines katalanischen Ritters, der bei der Eroberung Mallorcas unter Jaume I. auf die Insel kam. Um 1232 wurde er in Palma geboren. Und war zunächst ein höfischer Lebemann. Er war Erzieher der Söhne von Jaume I., Troubadour, verheiratet, Vater zweier Kinder - und angeblich Liebesabenteuern nicht abgeneigt.

Über seine radikale Zuwendung zum geistlichen Leben gibt es zwei Versionen. Die erste basiert auf seiner vorgeblichen Schürzenjägerei. Danach verfolgte er zu Pferd eine schöne Frau bis in die Kirche Santa Eulàlia. Die bedrängte Dame wusste sich nicht anders zu helfen, als ihre Brüste zu entblößen. Doch statt zwei voller Busen kam ein von Krebs zerfressener Körper zum Vorschein. In schockartiger Erkenntnis der Vergänglichkeit sagte der ungestüme Ritter sich daraufhin von den Genüssen der eitlen Welt los.

Die anerkanntere Variante erzählt davon, dass dem 31-jährigen Llull fünfmal der gekreuzigte Christus erschien. Daraufhin tauschte er sein weltliches Dasein samt Familie gegen ein religiös-asketisches Leben ein. Um 1274 führte er auf den Berg Randa in einer Höhle das Leben eines Einsiedlers. Dort ereilte in die Erleuchtung in Form der "Ars". Diese "Kunst" bestand darin, nach einer vorgegebenen Logik Begriffe zu verknüpfen, die auf den Prinzipien der monotheistischen Religionen basierten. Dieses mechanischen System, das oft als erster Vorläufer des Computers bezeichnet wurde, sollte nicht nur dem rationalen Erkenntnisgewinn dienen.

Auf sein Betreiben gründete König Jaume II. von Mallorca 1276 das Kloster Miramar. Dort bildete Llull 13 Missionare in seiner "Kunst" und Arabisch aus, damit sie Muslime zum Christentum bekehrten.

Eine lange Zeit verbrachte Llull auch im Zisterzienserkloster La Real in Palma, wo er einige Bücher schrieb - nicht nur auf Lateinisch, wie es in der abendländischen Welt üblich war, sondern auch auf Katalanisch und Arabisch. Das hatte seinen Grund. Der Franziskanermönch wollte neben dem Klerus auch ein möglichst breites Laienpublikum erreichen, soweit es die Alphabetisierung damals ermöglichte. Insgesamt werden ihm 265 Bücher zugeschrieben.

Diese Zahl ist umso beachtlicher, als dass Llull auch viel in Europa und in der arabischen umherreiste. Er besuchte verschiedene europäische Universitäten, unterrichtete an der Pariser Sorbonne, nahm am Konzil von Vienne teil, setzte sich für die Einrichtung von Lehrstühlen für Hebräisch, Arabisch und Chaldäisch an den Universitäten Paris, Oxford, Bologna und Salamanca ein.

1314 begab er sich auf eine Reise nach Tunis, um bei den Muslimen seine "Ars" anzuwenden. Die "Kunst" griff nicht wie erhofft: Unterwegs wurde er 1315 von Muslimen gesteinigt. 1316 starb er an den Folgen der Steinigung an Bord des Bootes, das ihn nach Mallorca zurückbringen sollte, oder auf Mallorca selbst. Als Märtyrer wurde er von Papst Pius IX. im 19. Jahrhundert seliggesprochen.

(aus MM 3/2015)