Aufgefädelt ist die "Tomatiga de Ramallet" teilweise monatelang haltbar.

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Verwilderte Anbauterrassen und kahle Flächen vor einem wilden Meer- und Bergpanorama prägen heute die Landschaft rund um Banyalbufar in Mallorcas Südwesten. Die Zeit, als auf Mallorca die Landwirtschaft noch zum Bruttoinlandsprodukt beitragen konnte, ist vorbei. Orte, die einmal ein Teil vom Gemüsegarten Europas waren, sind heute verödet. Agroindustrielle Massenproduktion ist angesagt - sei es in den Gewächshäusern Andalusiens oder bei den großen Balearen-Produzenten Agroilla und Agromallorca und deren Lieferanten in der Inselmitte.

Dank Düngemitteln und Pestiziden sind die Preise derart niedrig, dass in Buñol bei Valencia jährlich am letzten Mittwoch im August ein Volksfest mit Tomatenschlacht gefeiert wird - 125 Tonnen Ware gehen dafür drauf, dass sich junge Leute einen Tag lang mit überreifem Gemüse bewerfen können.

Leute wie Alberto Fernández setzen sich dafür ein, dass es auf Mallorca in Zukunft wieder eine Alternative zu dieser Art von Produktion und Konsum gibt. "Banyalbufar war in den 30er Jahren einmal das reichste Dorf der Insel und exportierte seine Tomaten vor allem nach Barcelona", sagt der Aussteiger aus Madrid, der einem stressigen Leben als Börsenmakler abgeschworen hat, um eine Strandhütte an der einzigen Cala weit und breit zu betreiben - und den Anbau von mallorquinischen Ramallet-Tomaten wieder in Schwung zu bringen.

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Gerade mal 2000 Quadratmeter umfasst seine Versuchsfarm, in der seit einem Jahr mit Saatgut experimentiert wird. Zu kaufen gibt es die Erzeugnisse noch nirgends. "Wir verteilen die Tomaten unter Nachbarn und Gleichgesinnten", so Fernández. Er hat sich in kurzer Zeit bestens im Ort vernetzt und gehört zum Kreis der Initiatoren des Tomatenfestivals "Eres Negre", das dieses Jahr im Juli erstmals stattfand und mithilfe der lokalen Hotellerie und Gastronomie (neben anderen auch das Bib-Gourmand-Restaurante Son Tomás) Leben in den Ort brachte, der zwar malerisch liegt, aber vom Tourismus wenig profitiert.

"Die salzige Brise vom Meer und die windgeschützten Winkel machen das Gebiet geradezu ideal für den Tomatenanbau", sagt Fernández. Aufgefädelt halte sich die Ramallet-Variante an der Luft monatelang frisch, was potenziell auch für die gehobene Gastronomie interessant sein könnte. Trotz ihres relativ hohen Kilopreises (3,90 Euro) werden sie derzeit vor allem für das typische "Pa amb oli" verwendet und aufs Bauernbrot gedrückt. Mit Salz, Knoblauch und Olivenöl ergibt sich daraus eine leckere Zwischenmahlzeit.

Zu den delikaten Sorten auf der Insel gehören neben der "Tomatiga de Ramallet" auch die ursprünglich französischen Ochsenherztomaten, die die Mallorquiner so ins Herz geschlossen haben, dass sie mittlerweile als "Cor de Bou" bekannt sind und für fünf Euro pro Kilo verkauft werden. Gefragt ist daneben auch die dunkelrote bis schwarze "Kumato" (sechs Euro) - nicht etwa ein Japan-Import, sondern eine patentierte Hybridzüchtung des Syngenta-Konzern - sowie in letzter Zeit immer mehr die Raf-Tomate mit Kilopreisen, die in Deutschland mehr als zehn Euro betragen können, hierzulande aber meist bei sieben Euro liegen. "Raf" steht für "resistente al fusarium" (pilzresistent), die Sorte stammt aus der Provinz Almería und gedeiht inzwischen spanienweit auf leicht salzigen Böden. Raf-Tomaten schmecken köstlich fleischig, haben aber vor allem im Winter Saison.

Derzeit für etwa 1,70 Euro erhältlich sind runde Salattomaten - auch "tomate bola" genannt und gerne für das "Trampó"-Gemüse verwendet - sowie birnenförmige Flaschentomaten ("tomate pera"), die sich gut in Scheiben schneiden lassen. Auch mit dem Label "Mallorca" muss man sich aber im Klaren darüber sein, dass das Meiste aus dem Gewächshaus kommt. Die Gesamtproduktion der Balearen beträgt laut Landwirtschaftsministerium knapp 12.000 Tonnen. Die Anbaufläche von 259 Hektar wird überwiegend großtechnisch bewässert.