Torwart Timon Wellenreuther im MM-Gespräch. | Foto:P. Lozano

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Fast hätte er den dreist in die Mitte gelupften Elfmeter passieren lassen müssen, aber Timon Wellenreuther hat sich schon wieder aufgerappelt und erwischt den Ball, bevor er die Linie passiert. Großes Gejohle bei Trainer Albert "Chapi" Ferrer und den zuschauenden Mannschaftskollegen.

Die Stimmung stimmt beim dritten Mannschaftstraining der Vorbereitung bei Real Mallorca, auch wenn sich der von Schalke 04 ausgeliehene Torhüter zumindest sprachlich noch nicht richtig mit einbringen kann. Noch verständigt er sich auf Englisch, will aber schnell die wichtigen Begriffe auf Spanisch lernen, wie er sagt: "Rechts, links, raus."

Die ersten Eindrücke für den 19-Jährigen sind durchweg positiv. "Alles ist vorhanden wie in Deutschland. Vielleicht nicht im Umfang und der Qualität, da ist Deutschland echt herausragend, vor allem auf Schalke." In einem Punkt musste er sich allerdings umstellen. "Hier ist alles anderthalb Stunden früher. Das Training beginnt um neun, in Deutschland haben wir erst um halb elf angefangen." Dafür hat er schon andere Vorteile der Insel entdeckt. "Warm und der Strand in der Nähe. Besser geht's eigentlich gar nicht."

Es soll einiges passieren beim Fußball-Zweitligisten. Der Aufstieg ist das erklärte Saisonziel, und dabei soll der deutsche U-20-Spieler eine Schlüsselrolle spielen. Auf die Frage, ob er gekommen sei, um die Nummer eins zu werden, kommt die Antwort spontan: "Auf jeden Fall."

Die Entscheidung für sein Mallorca-Abenteuer musste er in ein, zwei Tagen treffen. "Das war brutal", sagt er. Mallorcas Neu-Trainer Ferrer hatte Schalkes Ex-Trainer Roberto Di Matteo gefragt, ob er Wellenreuther empfehlen könne. "Er hatte gesagt, dass ich ein guter Typ bin und gut halte", sagt der Empfohlene bescheiden. Er selbst musste die Anfrage aus Mallorca erst einmal sacken lassen. "Dann bin ich hierher geflogen und habe mir das alles angeschaut. Es herrschte eine optimistische Stimmung, und ich habe mit Utz Claassen gute Gespräche geführt. Dann habe ich den Schritt gemacht."

Sein Vater, der Bundestagsabgeordnete Ingo Wellenreuther, und seine Mutter hätten auf die Entscheidung keinen Einfluss gehabt. "Die können natürlich was sagen, aber ich mache meinen eigenen Weg", sagt er lachend. Das scheint für die beiden in Ordnung zu sein, Vater Ingo und Mutter Anke schauen beim Training bereits zu und helfen bei der Wohnungssuche auf der Insel. Das gestaltet sich im Sommer naturgemäß schwierig.

Besonders aufgeregt sind sie nicht. "Unser Sohn ist schon mit 17 von zu Hause ausgezogen", sagt Mutter Anke. Jetzt sei der nächste Schritt auch nicht mehr so groß. Allerdings wohnt der Filius nun erstmals alleine, in Gelsenkirchen teilte er sich mit Mannschaftskameraden im Fußballinternat ein Apartment. Auch seine Freundin ist nicht mitgekommen. "Erstmal zählt nur der Fußball", sagt Wellenreuther junior, der überzeugt ist, auf dem richtigen Weg zu sein. "Meine Freunde haben wegen dem Ballermann ein bisschen gelacht. Aber ich habe erklärt, dass das mein Weg sein und ich das jetzt durchziehen muss. Das Feiern spielt keine Rolle. Ich ziehe weit weg vom Ballermann, kriege nichts davon mit."

Mallorca also statt Champions League: Trotz seiner starken Leistung in der Königsklasse, als er mit dem FC Schalke fast Favorit Real Madrid in dessen eigenem Stadion aus dem Wettbewerb geworfen hätte, erkennt Timon Wellenreuther an, dass er noch auf seine Chance beim Revierklub warten muss. "Ralf Fährmann ist ein überragender Typ und ein überragender Torwart, da muss ich erst noch einen Schritt machen, um das Niveau zu bekommen." Der verletzte zweite Torwart Giefer kam dann auch noch zurück. "Nummer drei war keine Option für mich. Deshalb ist das hier perfekt für mich, ich brauche jetzt viele Spiele hier", sagt er.

Träume hat er schon gelebt. "Bernabeu war ein Traum, die Bundesliga war ein Traum. Jetzt habe ich das schon eher realisiert. Ich weiß wo der Weg ist, und ich weiß, wo ich stehe."

Nach Mallorca ist er auf Leihbasis gekommen. Sieht er die Insel als Durchgangsstation? Nicht unbedingt. Sollte der Aufstieg mit Wellenreuther klappen, kann er sich durchaus eine längere Zeit auf der Insel vorstellen. "Real Mallorca hat die Kaufoption. Wenn sie wollen, werde ich den Weg mit ihnen gehen. In Spaniens erster Liga zu spielen, das wäre richtig geil. Mit 20 oder 21 Jahren gegen Barcelona und Madrid, das wäre der Hammer."

Mit dabei in der ersten Trainingswoche und im Trainingslager war auch Tobias Henneböle. Der 23-jährige Mittelfeldspieler kommt als Testspieler aus der Reserve vom VfL Wolfsburg. Der 1,91-Meter-Schlacks hat aber auch schon Erfahrungen in der zweiten Bundesliga gesammelt, beim FSV Frankfurt. Er gehörte zu insgesamt 27 Profis, die am ersten Training bei Real Mallorca teilnahmen. Noch ist keine Entscheidung über eine Verpflichtung gefallen.